Seit mehr als vier Jahrzehnten gibt es sie: Die sogenannte „künstliche Befruchtung“. 1978 wurde mit Louise Brown in England das weltweit erste Baby nach künstlicher Befruchtung geboren. Die Zahl der seither bis 2024 weltweit geborenen Kinder nach künstlicher Befruchtung wird auf 13 – 17 Millionen Babys geschätzt.
Wie künstlich ist die künstliche Befruchtung?
Was zunächst etwas abschreckend klingt, erfordert in Wirklichkeit auch ganz viel Natur. So braucht es für eine „künstliche“ Befruchtung in einer Kinderwunschklinik einerseits die Eierstöcke der Frau, die Eizellen und die Gebärmutter sowie andererseits die Samenzellen des Mannes. Nichts davon wird in einer Kinderwunschklinik künstlich hergestellt. Das System Natur wird in der Reproduktionsmedizin von außen bestmöglich unterstützt und herausgefordert, die Natur spielt aber eine wesentliche Rolle und bestimmte biologische Grenzen bleiben trotz modernster medizinischer Möglichkeiten bestehen.
Das System Natur herausfordern
Ein von außen beeinflusster Faktor im Rahmen der künstlichen Befruchtung ist, dass die Hormonproduktion der Frau medikamentös stimuliert wird. Die Eierstöcke der Frau werden also von außen dazu angeregt, mehrere Eizellen gleichzeitig heranreifen zu lassen anstatt der üblichen einzelnen Eizelle pro Zyklus. Dies erhöht die Chance, in einem einzelnen Stimulationszyklus eine Schwangerschaft zu erzielen. Was die Anzahl der Eizellen betrifft, die man auf diese Weise pro Stimulationszyklus gewinnt, so gilt die Devise: Qualität vor Quantität. Denn mehr Eizellen bedeuten nicht automatisch ein besseres Gesamtergebnis. 15 Eizellen nützen beispielsweise wenig, wenn deren Qualität schlecht ist, wenn die Eizellen also zum Beispiel unreif sind. Lieber also 5-10 gute Eizellen als 15 schlechte.
Ein Teil des natürlichen Wunders wird „nach draußen“ verlagert
Die auf diese Weise herangereiften Eizellen werden der Frau kurz vor dem Eisprung in der Kinderwunschklinik entnommen. Bei der so genannten Eizellpunktion werden in einem kurzen Eingriff unter Narkose die Eizellen mittels ganz feiner Nadel abgesaugt. Diese Eizellen werden dann außerhalb des Körpers der Frau mit dem vom Mann bereitgestellten Samen vermengt (IVF Methode – „In-Vitro-Fertilisation“). Der Befruchtungsvorgang zwischen Samen- und Eizellen erfolgt dabei sehr naturnahe aus eigener Kraft der Spermien – ganz nach dem Motto: „Möge die beste Samenzelle gewinnen.“
Etwas künstlicher geht es im Vergleich zur IVF bei der Methode der Intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) zu. Bei der ICSI wird vom Biologen oder Embryologen unter dem Mikroskop eine einzelne erfolgversprechende Samenzelle ausgewählt, die sodann mit einer ganz feinen Nadel direkt in die Eizelle injiziert wird. Eine Methode, die vor allem bei stark eingeschränkter Spermienqualität zum Einsatz kommt.
Während der Zeit außerhalb des Körpers befinden sich die Eizellen, Samenzellen sowie die entstandenen Embryonen in einem Brutschrank, im dem die natürlichen Bedingungen im Körper möglichst gut nachgestellt werden: Bei optimaler Temperatur, unter reduzierter Sauerstoffkonzentration und bei erhöhter Luftfeuchtigkeit wird es dem wachsenden Leben ermöglicht, sich wie auch im Körper der Frau optimal zu entwickeln. Die Zellen und Embryonen befinden sich dabei in einem der Natur nachempfundenen flüssigen Nährmedium, das die im jeweiligen Entwicklungsschritt erforderlichen Bedingungen und Nährstoffe bereitstellt. Der dabei heranwachsende Embryo wird üblicherweise am fünften Tag seiner Entwicklung im sogenannten Blastozystenstadium mittels eines hauchdünnen Katheters wieder zurück in die Gebärmutter der Frau transferiert (Embryotransfer). Ab diesem Zeitpunkt nimmt die Natur ihren Lauf und man hofft auf eine Einnistung in der Gebärmutterschleimhaut und eine gesunde Schwangerschaft.
Durch diese Unterstützung im Rahmen einer künstlichen Befruchtung wird zum Beispiel auch Paaren eine Schwangerschaft ermöglicht wird, bei denen der Weg von der Eizelle bis zur Einnistung auf herkömmliche Weise erschwert oder unmöglich ist – beispielsweise, wenn die Frau auf Grund einer Vorerkrankung oder Operation über keine Eileiter mehr verfügt oder die Eileiter auf Grund von Verklebungen, Endometriose, etc. nicht mehr voll funktionsfähig sind.
Ebenso kann die männliche Infertilität ein Stück weit überbrückt werden, indem man zum Beispiel trotz sehr geringer Spermienanzahl oder eingeschränkter Spermienqualität unter dem Mikroskop eine einzelne erfolgversprechende Samenzelle auswählen kann und ihr den üblicherweise langen Weg bis zur Befruchtung der Eizelle mittels ICSI erleichtern kann.
Ein Zyklus, mehrere Chancen
Sollten in einem Zyklus mehrere Embryonen guter Qualität heranwachsen, können überzählige Embryonen in flüssigem Stickstoff bei -196 °C für die Zukunft kryokonserviert, also „eingefroren“ werden. Sie stehen dem Paar danach für mögliche weitere Embryotransfers zur Verfügung, ohne dass eine erneute Hormonstimulation, Eizellentnahme oder künstliche Befruchtung erfolgen muss. Ein weiterer Vorteil, wodurch die Erfolgswahrscheinlichkeit pro Zyklus mit Hilfe einer Kinderwunschklinik erhöht werden kann.
Die maximale Lagerdauer für Embryonen ist dabei rechtlich eingeschränkt und beträgt in Österreich 10 Jahre ab Einlagerungsdatum.
Sollten in einem Zyklus mehrere Embryonen guter Qualität heranwachsen, können überzählige Embryonen in flüssigem Stickstoff bei -196 °C für die Zukunft kryokonserviert, also „eingefroren“ werden. Sie stehen dem Paar danach für mögliche weitere Embryotransfers zur Verfügung, ohne dass eine erneute Hormonstimulation, Eizellentnahme oder künstliche Befruchtung erfolgen muss. Ein weiterer Vorteil, wodurch die Erfolgswahrscheinlichkeit pro Zyklus mit Hilfe einer Kinderwunschklinik erhöht werden kann. Die maximale Lagerdauer für Embryonen ist dabei rechtlich eingeschränkt und beträgt in Österreich 10 Jahre ab Einlagerungsdatum.
Viele Möglichkeiten rund um die künstliche Befruchtung
Natürlich gibt es auch rund um die hier beschriebene künstliche Befruchtung eine Reihe an Möglichkeiten der medizinischen Unterstützung – von der immunologischen oder genetischen Abklärung über verschiedenste Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten bis hin zur künstlichen Befruchtung mit Hilfe einer Drittspende (Samenspende/Eizellspende). In manchen Fällen reichen aber auch bereits ganz einfache Unterstützungsmöglichkeiten aus, sodass eine künstliche Befruchtung erst gar nicht zum Einsatz kommt (z.B. VZO, Insemination). Die Behandlungsmöglichkeiten rund um Ihren Kinderwunsch sind also so individuell wie das Paar selbst. Im ausführlichen Erstgespräch wird daher die ganz individuelle persönliche und medizinische Situation eingehend betrachtet, bevor Behandlungsempfehlungen ausgesprochen werden.
Wichtig ist: Das Alter der Frau spielt eine ganz wesentliche Rolle auf dem Weg zu einer gesunden Schwangerschaft und Geburt und beeinflusst auch die Erfolgswahrscheinlichkeit in einer Kinderwunschklinik. Sollte es mit dem Schwangerwerden also nicht wie erwartet klappen, ist es wichtig, nicht zu lange zuzuwarten, bevor man medizinischen Rat einholt. Auch die finanzielle Belastung durch eine Behandlung hängt ganz wesentlich vom Alter ab, da der österreichische IVF-Fonds Kinderwunsch-Behandlungen sehr großzügig unterstützt, dies allerdings nur bis zum 40. Geburtstag der Frau bzw. dem 50. Geburtstag des Mannes.